Das, was uns aktuell als Rechtsrutsch um die Ohren fliegt, ist keine bloße Konjunkturerscheinung und lässt sich auch nicht mit ein paar Korrekturen (#Brandmauer) aufhalten. Es greift viel tiefer.
Ein Versuch:
Im Kern sehen wir possessiven Individualismus, rohe Bürgerlichkeit: Ich & meins zuerst. Dessen zahlreiche Vertreter*innen waren nie lehrbuchmäßige neoliberale Subjekte (egoistisch UND tolerant), sondern dachten immer chauvinistisch dazu: "...denn die anderen sinds nicht wert."
Die konnte man aber eher beiläufig pflegen, während die Wachstumsgesellschaft solche aggressiven Impulse halbwegs kanalisierte - etwa in Statuskonsum. Solange das bürgerl. Wohlstandsideal unter liberalen Verhältnissen für viele in D (!) gesichert schien, war man eben liberal.
Für dieses sicher nie reibunglose, aber doch lange Zeit recht stabile Modell wird die Luft jetzt von zwei Seiten rapide dünner:
a) Ökologische Grenzen werden spürbar. Es wird immer offensichtlicher, wie sehr westliche Mittelschichten auf Kosten Anderer leben (#ImperialeLebensweise) - und dass sie schon die Kapazitäten des Planeten sprengen, während Mittelschichten anderswo gerade erst rasant wachsen.
b) "Ausgerechnet jetzt" wollen marginalisierte Gruppen endlich auch ihr Stück vom Kuchen - ökonomische wie soziale & kulturelle Anerkennung. Es "droht" die tatsächliche Verallgemeinerung offizieller liberaler Prinzipien, bei der Privilegien Mancher zu Freiheiten Aller würden.
Die Vorstellung ist für die einstigen Liberalen, denen so relative und absolute Status- und Wohlstandsverluste drohen, zunehmend unerträglich und stürzt den Liberalismus in eine Repräsentationskrise. Alles nicht neu, aber nun dramatisch zugespitzt - als "Doppelzange".
Reaktionen?
a) Aggressive Leugnung ökologischer Grenzen und Krisen. Was nicht wahr sein darf, kann nicht wahr sein. Verdrängung über Technikillusionen, Pseudowissenschaft, Wegsehen und ad-hominem-Attacken auf alle, die die Krisen benennen.
b) Aggressive Abwehr der Teilhabeansprüche Marginalisierter mit allen Mitteln: Kulturkampf, "Gendergaga", Festung Europa, bedingungslose Unterstützung rassistischer Polizeigewalt, Aufrüstung usw.
Jetzt, wo Privilegien bedroht sind, schlägt dieser Liberalismus also um ins Autoritäre oder gar Faschistische (wenn auch nicht als kollektivistische Ideologie). So finden neurechte Parteien Basis nicht primär bei "Abgehängten", sondern bei (subjektiv/obj.) Abstiegsbedrohten.
An der Stelle deuten sich 1930er-Kontinuitäten schon an. "Entnazifizierung" später basierte stark auf selektivem Wohlstand & ökon. Sicherheit als zivilisatorischem Kitt.
Zugespitzt: Soweit man sich am Rest der Welt bedienen durfte, wurden militärische Überfälle verzichtbar.
Die ökonomischen Privilegien dieses Liberalismus standen immer über den politisch-demokratischen oder kulturellen Freiheitswerten. Letztere werden also zuerst geopfert, wenn sie in Widerspruch zu den eigenen ökonomischen Interessen geraten. Die Zivilisationsschicht war dünn.
Die Risse darin lassen sich nicht durch ein bisschen "sachliche" Politik/Konsensorientierung/"Brandmauern"-per-Beschluss kitten. Sie kommen auch nicht "aus dem Internet". Hier bricht ein ganzes polit-ökonomisches Gefüge auseinander, das schlicht nicht mehr haltbar ist.
Da es gerade der Liberalismus der Konservativen ist, der erodiert, verschwimmen zwangsläufig Grenzen zwischen Konservativen + Rechtsradikalen.
"Brandmauern", die irgendeine Substanz haben sollen, würden Konservativen diesseits der Mauer eine seltene 180°-Wende abverlangen.
Die heftigen Verdrängungsreaktionen, die die Krisen der kapitalistischen Gesellschaft und ihrer einst stabilen ideologischen Ordnung gerade produzieren, lassen sich bestenfalls durch solidarische Konfrontation aufbrechen. Tut vielen weh, aber die Alternative ist: Barbarei.
P.S.: Natürlich ist das keine erschöpfende Erklärung & die Ursprünge dieses aggressiven Individualismus bleiben hier leider undiskutiert (es ist nur Twitter). Aber ich halte diese erschlagende Dynamik für relativ zentral in all dem, was gerade abgeht.
#brandmauer #imperialelebensweise
@moeria @tofuwabohu
"Zu sagen, ich mache nichts und warte auf die Politik, ist Make-up für mir-doch-egal."
Davon hat halt niemensch (in diesem thread) gesprochen.
Natürlich ist es toll und sinnvoll den eigenen Lebensstil den Umständen (oder eigenen Überzeugungen hin) anzupassen. Nur wird es auf -ausschließlich- diese Weise viel zu lange dauern, dass eine signifikante Veränderung passiert. Es hilft lediglich der eigenen Moral und der deines Umfeldes.
Durch individuelle Konsumentscheidungen ändert sich meiner Meinung nach nichts (schnell) genug...
#imperialeLebensweise #Konsumkritik #individualität #lebensstil
#imperialelebensweise #Konsumkritik #individualitat #lebensstil
@tofuwabohu Nichtsmachen ist natürlich kacke und ein Ausdruck imperialer Lebensweise. Ich frage mich aber echt, ob das individuelle Reduzieren wirklich was bringt. Wie viele Leute müssten freiwillig auf etwas verzichten, damit es wirksam wäre? Plus: Den öko-fairen lifestyle muss man sich zeitlich/ökonomisch auch leisten können!
Ich denke es muss vor allem durch öffentlichen Druck was geschehen. Nice, wenn Du auch individuell etwas dafür tust, aber es ist sicherlich nicht ausreichend.
#imperialeLebensweise #imperialmodeofliving #konsumkritik
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Bei der Konferenz zur Postkolonialität "Dekolonialität in der politischen Bildung" organisiert von u.a. Malte Kleinschmidt & John Ashamu hab ich mich gefühlt wie ein kleines Kind im Candy Shop 🍡🍬💈🎂❤️
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Communist insurgency/ rebellion, colonialism and peace negotiations in the Philippines - lecture by:
Ass Prof Dr Regletto Aldrich at the Peace Conference 2022 - Local Peace Formation [Philippines]
This online conference is organized by VIPR & Uni Graz
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