"Noch einen Tee", ruft sie in die Stille des Hauses. Nur kurze Zeit später bringt er ihn an ihr Bett, stellt ihn auf ihren Nachttisch. Lächelnd schlägt sie die Bettdecke zur Seite und klopft auf die Matratze. Seufzend und selig lächelnd legt er seinen Anzug ab, zieht Hemd, Socken und Unterhose aus und streckt sich neben ihr aus, sein Ohr auf ihrem Herzen. Dann wird das Licht ausgeschaltet. Dunkelheit und Nähe umfängt beide.
Im Bett ist ihr der Träger des Nachthemdes heruntergerutscht. Außerdem ist ihr nach noch einem Schlummertrunk mehr. Sie läutet, und ohne weitere Absprache bringt er ihr einen #Pharisäer zur Nacht.
Tante Erdmute lächelt ihn barbusig aufmunternd an.
"Warum siehst Du mich so lüstern unanständig an?"
Tante Erdmute schämt sich ihrer Nacktheit nicht, ist aber von seinem Blick irritiert.
"Ich hab vergessen, wie Du heißt."
"Gnädige Frau, das ist auch nicht wichtig."
"Stimmt. Aber ich erinnere mich an die Sinnlichkeit Deiner Hände."
Er errötet - und Tante Erdmute schaut ihn lüstern an.
"Kannst Du nochmal mit mir tanzen, so wie früher, Tango, nackt?"
Er zieht sich aus, hilft ihr hoch und führt sie zu unhörbarer Musik. Tante Erdmute lächelt selig ...
Mitten in der Nacht wird Tante Erdmute wach. Eine ungewohnte Stille hat sie geweckt. Sie zündet die Kerze auf ihrem Nachttisch an und sieht, daß das Bett neben ihr leer ist. Kurz ist sie erschreckt, dann hört sie die Spülung und weiß, er ist gleich wieder neben ihr. Seufzend sinkt sie in die Kissen zurück.
Tante Erdmute saß in ihrem Lesesessel und sah zum Fenster hinaus in den schneelosen Garten. Plötzlich blieb alles, wie es war - und doch war etwas reduziert, verschwunden gar. Etwas kaum meßbares. Wie ein kleiner Schnipsel, eine dünne und unsichtbare Hülle um die Seele vielleicht. Sie seuftze, als er ihr Tee nachgoß.
"Haben wir für unser Fest eigentlich genügend Kerzen", fragt Tante Erdmute in den Raum. Er öffnet schweigend eine Schranktür, hinter der eine einzelne rote, große Kerze steht. Tante Erdmut sieht kurz hin und nickt lächelnd.
Tante Erdmute erhebt sich mühsam aus ihrem Sessel am Kamin (so nennt sie den Heizkörper), geht zum anderen Fenster und blickt hinaus in den Garten. "Genau so verschneit war es damals, als ich das erste Weihnachten allein erleben mußte", sagt sie. Er steht hinter ihr und widerspricht nicht.
“Die Zeit”, sagt Tante Erdmute, “die Zeit erreicht immer ihr Ziel. Immer und immer wieder.” Er nickt leise seufzend dazu.
"Es ist die Nacht, die mich sehnsüchtig werden läßt nach ihm. Dabei soll er doch nur den Garten, den Haushalt und meinen Tee besorgen." Tante Erdmute denkt an den guten Geist ihres Anwesens und schämt sich ihrer Begierde.
Von Zeit zu Zeit wünschte sich Tante Erdmute, daß sie den Tag hernehmen und sein Licht auspressen und in ihr Herz tröpfeln könnte. Dann seufzte sie leise und nahm Stift und Papier zur Hand.