Beobachtung: Bei internen Buchbranchenveranstaltungen geht es immer um Bedürfnisse von Branchenmitgliedern, nie um Verantwortlichkeiten. Konferenzen zu »Kritischem Verleger*innensein« finden vermutlich noch viele Jahre lang nur in meinem Kopf statt.
#VomVerlegen #VerlegenIstVerantwortung
Falls ihr auf Insta seid, folgt uns gern auch da. Sichtbarkeit im Netz und ein bisschen Glaubwürdigkeit ist ja buchstäblich alles, was der Verlag hat.
Kennt ihr das, ihr wacht morgens auf und denkt, dass es, realistisch betrachtet, am klimafreundlichsten wäre es, ganz mit der Verlagsarbeit aufzuhören, die im Grunde eh kaum eine*r zur Kenntnis nimmt, weil Bierchenbrokultur, leere Debatten, manipulative Ego-Shows und Clickbait viele Menschen einfach deutlich mehr interessieren als Literatur.
Aber das nächste Programm kommt, und es wäre gegebenenfalls auch geeignet, ein hervorragendes letztes zu sein.
Bei den Digital-only-Titeln lege ich keine Regeln fest, ein bisschen guter alter Flow muss noch sein. E-Books kommen aber big time vor und zurück.
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Der Verlag ist immer noch nicht fertig aufgeräumt und umgedacht, aber eine Neuigkeit steht schon fest.
Neue Printtitel ab jetzt alle im November. Das spart Verlegerinnenressourcen aka verhindert ein erneutes (vermeidbares) Krankwerden und macht es vielleicht auch Redaktionen plausibel, ihre kostbare Aufmerksamkeit wenigstens einmal pro Jahr auf den Verlag zu richten.
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Um Verlegerinnenressourcen zu schonen, werden neue Printtitel fortan alle im November veröffentlicht und Digital-only-Titel (da gibt es eine Neurückbesinnung) im Frühjahr.
In der ersten Novemberrunde kommen – Stand jetzt – Kleine-Formen-Bücher von Nala, Birte Wrage aka @nichtschubsen, den @PGExplaining sowie ein Generator-Buch von @jesstartas und Schwartz.
Um euch ein bisschen neugierig auf einen vierten Titel zu stimmen, der Ende des Jahres kommt, hier ein Zitat aus der Mail der einen Autorin:
»Wir haben auch noch zwei private Fotos von toten Vögeln, die würden vllt. auch gut passen.«
Jetzt, da ich sie überwunden habe, kann ich sagen, es gibt nicht nur eine Schreibblockade, sondern auch eine des Verlegens. Das Leben ist nicht immer nur Flow.
Ich habe jetzt eine Lösung für mein Problem gefunden, die Literatur, die ich veröffentlichen will, meist aus ethischen Gründen nicht veröffentlichen zu dürfen, weil mir dafür die Ressourcen fehlen: Bereits öffentlich wahrgenommene Stimmen empfehle ich mit weinendem Auge weiter an Agenturen und große Verlage, aber Menschen, die noch ganz am Anfang stehen und deren literarischen Ton bislang nur ich höre, unterstütze ich aktiv dabei, sich selbst so wahrnehmen zu lernen.
Letzte Woche habe ich bei der @BuchmesseHH zu einer Kollegin gesagt: »Ich hätte niemals mit Print anfangen dürfen, aber jetzt würde ich die veröffentlichten Printbücher auch nicht missen wollen.« – Eine rational nicht einholbare Ambivalenz, fast wie beim Kinderbekommen.
Die Zeiten ändern sich, nicht nur zum Schlechten. Vor fünf Jahren verkaufte ich Frohmann-Verlags-Bücher zwar auch schon ungefähr 50-50 an Männer und Frauen (nicht ganz seriös, weil binär vom Namen aus geschlossen, aber es geht hier nur um eine Tendenz); die Sendungen mit @PGExplaining@mastodon.art-Büchern jedoch gingen fast ausschließlich an Frauen. Aktuell verkaufe ich 3/4 der Girls-Bücher an Männer. Geht doch.
Wenn die alten Buchmessen mit Nazis kuscheln, gründen sich neue. So ist der Lauf der Dinge, dafür braucht man keine Zukunftskonferenzen und auch keine Glaskugel.
Die Grafikerin ist wieder aufgetaucht, jetzt kann es wirklich losgehen mit dem Losgehen.
Für dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, #1000Tode zu reparieren und fortzusetzen – dabei brauche ich wirklich Hilfe –, mit Co-Herausgeber*innen das neue große E-Book-Projekt zu beginnen und zwei Bände #KleineFormen zu veröffentlichen, einer davon »Präraffaelitische Girls erklären Demokratie« (fast fertig), der andere eine Art Twittermemorial in Gestalt des letzten langen und wirklich herzzerreißenden Threads eines besonders geliebten Accounts.
#1000Tode #KleineFormen #thread #VomVerlegen
Zusammengefasst: Der Verlag wird zukünftig etwas reduzierter und strukturierter geführt als früher, weil das Außenrum so unangenehm fließend geworden ist. Die Verlegerin wird auch mehr Zeit aufs eigene Denken und Schreiben verwenden, weil es – endlich – an der Zeit ist. Es geht immer irgendwie weiter, nur immer anders.
Ich werde im Verlag weniger gedruckte Bücher als in der Vergangenheit veröffentlichen, auch nur noch in den Reihen – Einzeltitel haben meine Ressourcen jedes Mal überstiegen. Es wird wieder mehr E-Books geben, vor allem die kollaborativen großen. – Ich habe ein megagutes neues Projekt ausgedacht. – Für diese vielstimmigen E-Book-Projekte werde ich mir Hilfe suchen, sie sind zu groß für den kleinen Verlag. Im Idealfall docke ich damit an eine Kulturinstitution an.
Mir, der Verlegerin, geht es aber jetzt wieder ganz gut, gesundheitlich und auch lebensweltlich. Nicht super, aber passabel. Die Aboeinnahmen über Steady und der Merchverkauf über Supergeek haben verhindert, dass der Verlag im letzten Jahr gecrasht ist. Es geht weiter, darüber bin ich froh.
Auch beginnen ältere Verlagstitel erst jetzt richtig zu wirken, #PoetischDenken von #0x0a etwa. Da gibt es jetzt Veranstaltungen und Essays, die auf die Texte reagieren. – Das ist halt so, wenn man sehr progressive Sachen macht. Muss man sich aber auch leisten können, und das tue ich nicht wirklich.
#poetischdenken #0x0a #thread #VomVerlegen
2023 werde ich nicht mal versuchsweise etwas beim Deutschen und Berliner Verlagspreis einreichen, weil ich im Verlag im letzten Jahr kein einziges Buch veröffentlichen konnte, also schon formal raus bin.
Einerseits ein Scheißgefühl, andererseits weiß ich ja, was ich in dem Jahr getan habe (viel Care, aber auch Newsletter weiterentwickelt und geschrieben, Social Media massiv umgebaut, weg von den Menschenfresserplattformen). Ist also scheiße und okay.