Zur Erklärung: Baptisten haben keinen Papst, keinen Bischof, keinen Klerus.
Jede Ortsgemeinde (mit Ausnahme von sog. Stationsgemeinden, die rechtlich bis zur eigenen Selbstständigkeit zur jeweiligen Ortsgemeinde gehören) ist selbständig und bestimmt alle ihre Angelegenheiten autonom (#Kongregationalismus).
Pastorinnen und Pastoren sind kirchenrechtlich gewöhnliche Gemeindemitglieder (für Verkündigung und Seelsorge durch die Gemeinde freigestellt) und haben trotz theologischer Ausbildung keine so herausragende Rolle wie in vielen anderen Kirchen (der von den Volkskirchen geprägte Staat sieht das etwas anders und gibt ihnen im Fall einer Körperschaft des öffentlichen Rechts eine an die Ordination gebundene Sonderstellung).
Die Gemeinde wird von allen Mitgliedern gemeinsam geleitet, in der sogenannten Gemeindeversammlung, die regelmäßig oder bei Bedarf zusammentritt und in der alle Mitglieder gleiche Stimmrechte haben. Aus praktischen Erwägungen heraus wählt sie aus ihrer Mitte eine aus mehreren Mitgliedern bestehende Leitung, der meist kraft Amtes auch Pastorin bzw. Pastor angehört. Alle wichtigen Entscheidungen bedürfen jedoch immer einer Mehrheit der (bei einer Versammlung anwesenden) Mitglieder.
Viele Gemeinden schließen sich zu einem Bund zusammen, der allerdings nicht weisungsbefugt ist, sondern nur Empfehlungen abgeben kann. Hierzu gehört in Deutschland seit 1942 der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, in dem sich damals aufgrund der Situation drei Freikirchen zusammengeschlossen haben, um ein Verbot zu verhindern und bis dahin Erreichtes nicht zu gefährden.
Diese Bünde übernehmen Aufgaben, die nicht von einzelnen Gemeinden bewältigt werden können, etwa die Ausbildung von Pastor*innen und Diakon*innen (die im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden ebenfalls ordinierte Theologen sind, allerdings mit einer Ausbildung mit Schwerpunkt im sozialdiakonischen Bereich), die Organisation von überörtlichen Veranstaltungen, die Altersversorgung hauptamtlicher Mitarbeiter*innen usw. usf. (die Liste ist sehr lang). Im Bund haben alle Gemeinden je nach ihrer Mitgliederzahl Stimmrecht.
Daneben gibt es weitere baptistische Gemeindebünde, etwa von Spätaussiedlern geprägt, und Gemeinden, die keinem Bund angehören oder Ausgründungen ausländischer Gemeinden sind. Letztere sind meist nicht unabhängig, sondern weisungsgebunden. Das ist etwa in Pforzheim der Fall.
Als Baptistin distanziere ich mich ausdrücklich von der "Baptistengemeinde Zuverlässiges Wort" in Pforzheim.
Der Glaube, der dort gelehrt und praktiziert wird, hat mit dem, was ich glaube und was ich als baptistisch betrachte, nichts gemein.
Jene Gemeinde gehört keinem baptistischen Verband in Deutschland an, insbesondere nicht dem Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland K.d.ö.R.
Der Baptismus ist über 400 Jahre alt. In diesen Jahrhunderten hat er leider auch einige sehr bedenkliche Gruppen hervorgebracht, was durch die Tatsache, dass es im Baptismus seit jeher keine oberste Instanz für Fragen des Glaubens und der Lehre gibt, sondern alle Gemeinden kongregationalistisch verfasst und damit autonom sind, erleichtert.
#baptisten #baptismus #freikirchen #kongregationalismus